Schreibtipp Reihenfolge:

So verhinderst du den Schleudersitz-Effekt in deiner Geschichte

Wenn du ein Kinderbuch oder einen Roman schreibst, möchtest du, dass deine Leser:innen tief in die Geschichte eintauchen – ohne herauszufallen. Gerade für Kinder ist es entscheidend, dass die Ereignisse einer Geschichte klar und nachvollziehbar sind.

Doch manchmal passiert es beim Schreiben: Die Reihenfolge der Ereignisse gerät durcheinander. Statt dass die Leser:innen die Szene miterleben, wird ihnen vorweg verraten, was gleich passieren wird. Dadurch verliert die Geschichte an Spannung und die Identifikation mit den Figuren geht verloren.

In diesem Beitrag zeige ich dir mit einem Beispiel, wie du diesen Katapult-Effekt vermeidest und den Lesefluss in deiner Geschichte stärkst.

Bunter Stapel Bilderbücher.

Wie die Geschichte zum Schleudersitz wird:

Stell dir vor, du liest eine spannende Szene. Vielleicht eine dynamische Verfolgungsjagd oder ein Moment, in dem endlich die Wahrheit ans Licht kommt. Du bist in der Geschichte, fieberst mit – und plötzlich bist du raus.

Als hätte jemand den Schleudersitz betätigt.

Was ist passiert? Die Ereignisse wurden in einer falschen Reihenfolge erzählt. Das kann passieren, wenn wir als Autor:innen zu tief in unserer eigenen Geschichte stecken und unbewusst Dinge vorwegnehmen, die die Figur noch gar nicht wissen kann.

Manchmal versuchen wir auch, Spannung aufzubauen, indem wir bereits andeuten, was als Nächstes passiert. Doch damit erreichen wir oft das Gegenteil: Statt Spannung zu erzeugen, stoßen wir die Leser:innen aus der Geschichte heraus.

Gerade Kinder brauchen eine klare zeitliche Abfolge, um der Handlung mühelos folgen zu können. Einmal herausgerissen, finden sie oft schwer wieder in die Geschichte zurück.

Beispiel für den »Schleudersitz-Effekt«

Ritter Rat trieb die letzte Wollmaus unter das Bücherregal des Büros. Das Biest krallte sich an einer Unebenheit des alten Holzfußbodens fest und schüttelte all seine Hundehaare ab – schon wieder.
Ritter Rat bückte sich danach. Ein Tropfen Schweiß rann ihm die Nase hinab und tropfte mit einem Pling auf die Schuhspitze seiner Rüstung. Ein kühler Luftzug in der staubigen Luft, das wäre mal was. Er stopfte die Hundehaare zurück in den Rücken der Wollmaus, befreite sie und gab ihr einen letzten Schubs.
Endlich.
Er hatte die ganze Herde in einer Ecke zusammengetrieben. Sie kuschelten sich aneinander und gähnten herzhaft. Ritter Rat klopfte sich den Staub von den Handschuhen und stemmte die Arme in die Hüften. Ein Blick über die Schulter verriet ihm, dass Pony Lektor noch immer auf dem Schreibtisch in der Mittagssonne lag und döste. Ritter Rat streckte sich, so ein Schläfchen, das würde ihm jetzt auch guttun. Er hätte eigentlich wissen müssen, dass ihm keine Pause vergönnt sein würde.
Er hatte gerade die halbe Strecke zum sonnigen Plätzchen zurückgelegt, da stob die Herde Wollmäuse in alle Himmelsrichtungen auseinander. Sein Helm war verrutscht – natürlich war auch daran der Luftzug schuld.
Einen Augenblick zuvor war die Bürotür aufgeflogen, und die Lektorin hatte mit einem Wums einen ordentlichen Stapel Buchpost auf ihrem Schreibtisch abgelegt.
Hätte er sich nicht gerade auf den Weg zu seinem sonnigen Plätzchen gemacht, wäre ihm das wohl egal gewesen. Doch dann hatte ihn die schrillende Türklingel innehalten lassen. Es hätte ihm klar sein müssen, dass die Lektorin schon wieder Buchpost erwartete.
»Wo ist die Schere?«, fragte sie beiläufig, bevor sie das Büro wieder verließ.
Das wusste Ritter Rat nicht, und es war ihm auch egal. Er seufzte, rückte seinen Helm gerade und stapfte auf die nächstbeste Wollmaus zu. Er war ein Ritter, und Ritter gaben nicht so schnell auf – Schläfchen hin oder her.

Korrigierte Version mit verbessertem Lesefluss:

Er hatte gerade die halbe Strecke zum sonnigen Plätzchen zurückgelegt, als ihn die schrillende Türklingel innehalten ließ. Erwartete die Lektorin etwa Buchpost?
Einen Augenblick später flog die Bürotür auf und brachte den heiß ersehnten Luftzug. Er erfasste seinen Helm und – Ritter Rat fuhr herum – die Herde Wollmäuse.
Sie stob in alle Himmelsrichtungen auseinander.
Mit einem Wums legte die Lektorin einen ordentlichen Stapel Buchpost auf ihren Schreibtisch. »Wo ist die Schere?«, fragte sie beiläufig und verließ das Büro wieder.
Das wusste Ritter Rat nicht und es war ihm auch egal. Er seufzte, rückte seinen Ritterhelm gerade und stapfte auf die nächstbeste Wollmaus zu. Er war ein Ritter und Ritter gaben nicht so schnell auf – Schläfchen hin oder her.

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